In den Jahren 1907-14 hat die preussische Staatsbahn (KPEV) 178 vom preußischen Ingenieur Witte entworfene Akkutriebwagen bestellt. Sie sollten den Betrieb auf Nebenbahnstrecken übernehmen. Der wichtigste Vorteil dieser Fahrzeuge bestand darin, dass die Betriebskosten ausgesprochen niedrig ausfielen. Die billige Elektroenergie, die zur Aufladung der Batterien nötig war, bezogen die „Wittfelds“ während eines Haltes auf den Wendestationen, meistens in der Nachtzeit. Anfänglich betrug die Reichweite 70 bis 100 km. Sobald jedoch effizientere Batterien eingesetzt werden konnten, stieg sie bis auf 180 km. Diese Vorteile haben dazu beigetragen, dass die Akkutriebwagen auf vielen Nebenbahnstrecken in Niederschlesien und in Pommern ihr Einsatzgebiet fanden.

Nach den Bestimmungen des Vertrags von Versailles bekam die Polnische Staatsbahn (PKP) in den Jahren 1919-21 18 dieser Fahrzeuge; zwei weitere wurden für die Freie Stadt Danzig bestimmt. In den 30er Jahren wurden die Fahrzeuge zahlreichen Modernisierungen unterzogen, deren Ziel es war, die Reichweite bis auf 300 km zu erhöhen. Das wiederum ermöglichte den Einsatz auch auf den Hauptbahnen in der Umgebung von Grudziądz, Bydgoszcz, Chojnice, Gdańsk und Hel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verwendete die PKP zehn solcher Triebwagen. Auf den Nebenbahnstrecken ersetzten sie leichte Personenzüge und traten auf den Einsatzgebieten heutiger Schienenbusse auf. Ende der 50er Jahre, gleich nach dem Ankauf der in Ungarn hergestellten Dieseltriebwagen der Baureihe SN52, sind aufgrund beträchtlichen Verschleißes sämtliche Akkutriebwagen aus dem Normalbetrieb zurückgezogen worden und dienten fortan als Hilfswaggons.

Der hier vorgestellte Akkutriebwagen Ma 090802 ist 1913 für die KPEV-Direktion Stettin hergestellt worden und bekam die Bezeichnung AT 543/544. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen diente er in Deutschland bei der DRG hauptsächlich auf der Strecke Słupsk-Ustka. Nach dem Zweiten Weltkrieg verkehrte er bei der Polnischen Staatsbahn in der Umgebung von Kwidzyń. Aus dieser Zeit stammt auch die historische Beschriftung, die heute auf dem Fahrzeug zu sehen ist.

Nach der 1959 erfolgten Abstellung diente das Fahrzeug über 30 Jahre lang wirtschaftlichen Zwecken. Unser Verein hat es 1992 erworben. Somit ist die im Depot von Skierniewice untergebrachte Sammlung von historischen Fahrzeugen um ein rares Prachtstück bereichert worden. Nach der gründlichen Aufarbeitung im Ausbesserungswerk Łapy A.G. (ZNTK Łapy S.A.) nahm unser Wittfeld an der großen Fahrzeugparade in Warschau anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Polnischen Bahnen teil.

Der Akkutriebwagen Wittfeld Ma 090802 ist heute das einzig erhalten gebliebene Fahrzeug dieser Baureihe und vertritt somit eine interessante Bauartentwicklung in der Geschichte der Eisenbahn.

Technische Hauptdaten des Fahrzeugs (nach der Aufarbeitung)

• Spurweite: 1435 mm
• Antriebsmotoren: LKa 310
• Leistung: 2 x 62 kW
• Arbeitsspannung der Batterien: 560 V =
• maximale Geschwindigkeit: 60 km/Std.
• (theoretische) Reichweite: ca. 200 km
• Eigengewicht des Triebwagens: 60 t
• Sitzplätze: 90
• maximale Breite: 3230 mm
• maximale Hohe: 4110 mm
• Länge über Puffer: 25.650 mm

Der Triebwagen Ma 090802 entstand in Zusammenarbeit folgender Firmen:

• Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahnmaterial zu Görlitz (mechanische Konstruktion),
• Bergmann-Elektricitäts-Werke, Aktiengesellschaft, Berlin (elektrische Geräte),
• Accumulatoren-Fabrik Aktiengesellschaft Berlin-Hagen i.W. (Akkumulatoren).